by Loyana Camelo
Wenn man an Berlin denkt, schwingt sofort eine ganz bestimmte Vorstellung mit: eine Multi-Kulti, kühne und sanfte, historische und gleichzeitig moderne Stadt, deren Kunst in jeder Ecke widerhallt. Und es gibt keinen wirklichen Vergleich mit irgendeiner anderen deutschen Stadt. Aber diese Energie kann man teilweise auch in anderen Teilen des Landes finden. In der Karlsruher Südstadt ist das der Fall. Dieses stolzes Viertel ist die Heimat vieler internationaler Studenten, Kunststudios, Funky Bars und auch des Wunsches von Talenten, dort gefunden und anerkannt zu werden. Aus all diesen Gründen hat die Südstadt den inoffiziellen Spitznamen “kleines Berlin” verdient.
Trotz der “Kleinheit” ist in der Karlsruher Südstadt nicht weniger Mumm zu spüren als in der Hauptstadt von Deutschland. Die Initiative „Kunst + Kultur in der Südstadt“ vom letzten Wochenende (26./ 27. November 2016, von 15 bis 19 Uhr) machte das wieder einmal denen klar, die sich die Zeit nahmen, 15 Künstler aus diesem Teil der Stadt kennenzulernen oder bei ihnen neue Arbeiten zu entdecken.
Während der zwei Tage, die Karlsruhe besondere Pläne für einen Sonntag gaben, öffneten die Künstler ihre Türen, zeigten, was ihre Talente produzierten, und sprachen mit allen Kunst-Interessierten. Dies war bereits das zweite Mal für „Kunst + Kultur in der Südstadt“, nach dem ersten Termin im September.
Es scheint nicht nur ein Anlass, das Publikum dazu einzuladen, in die Welt der Kunst einzutauchen, sondern für einige ist es auch eine gute Gelegenheit, die eigene künstlerische Klasse mit anderen zusammenzubringen. Georg Bischof, der seit fast 10 Jahren sein Atelier in der Augartenstraße hat, beteiligte sich das erste Mal an der Veranstaltung und bewertete die Erfahrung als sehr positiv.
“Die Veranstaltung hilft nicht nur der Kunst selber.” Sie bringe auch Menschen zusammen, was er daran bemerkt habe, dass er Nachbarn, die er nur bei Facebook kenne, dann in persona getroffen habe. “Ein Künstler in der Winterstraße, grad paar Meter weiter im Hinterhof, der da Kunst macht”, das habe er vorher noch nicht wahrgenommen. Es sei überhaupt die Möglichkeit der gegenseitigen Wahrnehmung.
Dies bestätigt auch, dass die Südstadt etwas Besonders ist im Vergleich zu den anderen Teilen der Stadt. “Wenn ich zum Beispiel in die Oststadt gehe, erscheint diese mir kälter im Vergleich zu hier. Es gibt hier alles. Wirklich vom Maserati-Fahrer bis hin zu Leuten, die im Park schlafen. Diese Gegensätze sind ähnlich wie im Berliner Kreuzberg.”
Für Künstlerin Helga Sauvageot, die ihr Atelier in der Marienstraße hat, bot sich an diesem Wochenende die Gelegenheit, zu zusätzlichen Zeiten ihre Kunstwerke zu zeigen. Diese konzentrieren sich auf die Darstellung von Menschen und Tieren. Sie findet es schön, dass sich die Künstler vereinen und gemeinschaftlich präsentieren. “Die Künstler machen das [Event] ja nicht für sich, sondern für die Gesellschaft, die Kunst. ‘Schaut mal, was wir machen’. Das ist die Motivation.”
Und die einzigartige Stimmung der Südstadt begeistere sie mehr und mehr. “Ich bin sehr gerne hier. Die ganze Atmosphäre gefällt mir, auch diese Vielfalt von Menschen. Wenn ich mit meinem Kollegen auf dem Werderplatz ein Bierchen trinke, die Kastanienbäume sehe und die Menschen rundherum, die Cafes … Ich wollte hier in Karlsruhe nirgendwo anders sein.”
Die Idee vom “kleinen Berlin” wird noch griffiger, wenn jemand, der dort lebte, die Stimmung und das Ambiente zu beschreiben versucht. So Yvonne Hohner, die in der Galerie Fahar (Marienstraße) Ansprechpartnerin ist: “[Die Südstadt ist] Etwas wie Neukölln oder Kreuzberg.”
Es wird auf jeden Fall Spaß machen, die Initiative „Kunst + Kultur in der Südstadt“ im Frühjahr erneut zu besuchen, Bekannte wiederzutreffen und etwas Neues aufzuspüren.
Text: Loyana Camelo (in Zusammenarbeit mit Ulrike Steldermann-Schaufelberger)
Malerei und orientalisch-spanische Klänge im Atelier Dieter Franke:
Georg Bischof improvisiert in der Galerie: